An den Sonntagen nach der Zeitumstellung müssen die Spitäler mit einer leichten zeitlichen Verschiebung der Notfalleintritte rechnen. Ende Oktober tritt der Spitzenwert früher ein als üblich, Ende März später. Zudem nehmen die Notfallhospitalisierungen bei der Umstellung auf die Winterzeit um 3,5 Prozent und bei der Umstellung auf die Sommerzeit um 6,5 Prozent zu.
Immer am letzten Sonntag im Oktober beginnt die Winterzeit: Die Uhren werden zurückgestellt und wir können eine Stunde länger schlafen. Im Frühling erfolgt die Umstellung in die andere Richtung. Diese zeitlichen Verschiebungen haben einen Einfluss auf unsere innere biologische Uhr und könnten das Risiko für bestimmte gesundheitliche Probleme erhöhen. In diesem Artikel wird untersucht, inwiefern sich die Zeitumstellungen auf die Notfalleintritte in den Spitälern auswirken. Werden an diesen besonderen Sonntagen mehr Hospitalisierungen verzeichnet? Verteilen sich die Aufnahmen gleich wie an einem herkömmlichen Sonntag über den Tag oder sind Unterschiede festzustellen?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden die Spitaleintritte im Zeitraum von 2011 bis 2023 jeweils vor und nach den Zeitumstellungen verglichen.
Jeden Tag werden durchschnittlich gut 1700 Personen notfallmässig hospitalisiert. In den Wintermonaten sind Notfalleintritte häufiger, im Frühling seltener. An Arbeitstagen ─ und insbesondere an Montagen ─ werden rund 20% mehr Menschen notfallmässig aufgenommen als an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen. Die Anzahl Notfalleinritte steigt ab 6 Uhr morgens an und erreicht gegen 11 Uhr einen Höhepunkt. Ein zweiter Höhepunkt, der tiefer ausfällt als der erste, ist zwischen 15 und 16 Uhr zu beobachten, jedoch nur an Arbeitstagen.
Verschiebung der Eintritte an den Sonntagen der Zeitumstellung
Bei der Umstellung auf die Winterzeit am letzten Oktobersonntag steigt die Anzahl der Notfallhospitalisierungen ebenfalls ab 6 Uhr morgens, aber rascher als an einem normalen Sonntag, womit der Spitzenwert um 10 Uhr statt um 11 Uhr erreicht wird.
Diese zeitliche Verschiebung lässt darauf schliessen, dass unser Organismus der biologischen Uhr folgt. Sie zeigt sich besonders deutlich bei den Hospitalisierungen in Zusammenhang mit dem Atmungssystem (Grafik unten), wohingegen bei verletzungsbedingten Spitaleintritten, beispielsweise aufgrund von Unfällen, überhaupt keine Veränderung zu beobachten ist, da sich diese eher nach der sozialen Uhr richten. Der Abstand zwischen den Kurven verringert sich zwar allmählich, ist aber noch bis Montagabend erkennbar.
Ohne Berücksichtigung des Patientenüberschusses aufgrund der Wiederholung der Zeitspanne von 2 bis 3 Uhr morgens führt die Zeitumstellung im Laufe des Vormittags zwischen 8 und 10 Uhr sowie zwischen 12 und 16 Uhr zu leicht höheren Spitaleintritten als an normalen Sonntagen.
Bei der Umstellung auf die Sommerzeit am letzten Märzsonntag verhält es sich umgekehrt: Die Kurve der Eintritte steigt später an als am Sonntag vor der Zeitumstellung.
Aufgrund der Umstellung auf die Sommerzeit gibt es um 2 Uhr morgens keine Eintritte. Am Vormittag sind die Hospitalisierungen etwas weniger zahlreich als an den vorhergehenden Sonntagen, abends dafür etwas zahlreicher.
Notfalleintritte aufgrund von Verletzungen durch äussere Ursachen wie Unfälle erfolgen bis 15 Uhr dem gleichen Rhythmus wie am vorangehenden Sonntag. Ab diesem Zeitpunkt entwickeln sich die beiden Kurven zwar ähnlich, bei den Hospitalisierungen an den Sonntagen der Zeitumstellung sind jedoch zu jeder Stunde leicht höhere Werte zu verzeichnen. Der Überschuss zieht sich bis zum Tagesende weiter.
Diese Resultate zeigen, dass die Spitäler an den Sonntagen der Zeitumstellung mit einer zeitlichen Verschiebung der Notfallaufnahmen rechnen müssen (frühere Eintritte bei der Umstellung auf die Winterzeit, spätere bei der Umstellung auf die Sommerzeit). Am Montagabend haben sich die Unterschiede fast gänzlich aufgelöst.
Quantitative Analyse
Für die beobachteten Patientenströme gibt es neben der Zeitumstellung noch weitere Erklärungen. Sie werden namentlich durch bestimmte Feiertage (Karfreitag, Ostermontag, Allerheiligen in den katholischen Kantonen) beeinflusst, die je nach Jahr nahe an den Sonntagen der Zeitumstellung liegen. Eine Rolle spielen auch die demografischen Merkmale der Patientinnen und Patienten sowie die Krankheit, die der Hospitalisierung zugrunde liegt. Abgesehen davon sind die Sonntage der Zeitumstellung besonders, weil sie im Frühling 23 Stunden und im Herbst 25 Stunden umfassen.
Um die Daten der täglichen Eintritte vergleichbar zu machen, muss die Dauer dieser Sonntage deshalb auf einer 24-Stunden-Basis standardisiert werden. Alle diese Faktoren wurden im Rahmen einer ökonometrischen Analyse (siehe methodischer Hinweis) explizit berücksichtigt. Mit einem solchen Ansatz kann insbesondere der Einfluss der Zeitumstellung gegenüber einer fiktiven Situation ohne Zeitumstellung eingeschätzt werden.
Höhere Fallzahlen am Tag der Zeitumstellung
Gemäss den vorliegenden Schätzungen führt die Umstellung auf die Sommerzeit unabhängig von den demografischen Merkmalen der hospitalisierten Personen zu einem Anstieg der Notfalleintritte. Sie nimmt in allen Altersgruppen zu, allerdings unterschiedlich stark. Bei den Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren steigt die Fallzahl um rund 6%, bei jenen ab 65 Jahren um rund 5%.
Die Analysen nach Art der Diagnose fördern unterschiedliche Ergebnisse zutage. Es werden mehr Personen aufgrund von Krankheiten des Kreislaufsystems und des Atmungssystems notfallmässig aufgenommen und weniger aufgrund von Verletzungen durch äussere Ursachen. In allen Fällen sind die Auswirkungen statistisch signifikant.
Bei den Auswirkungen der Umstellung auf die Winterzeit zeigt sich ein ähnliches Muster. Auch sie führt unabhängig von den demografischen Merkmalen zu einem signifikanten Anstieg der Fallzahlen, wobei diese Merkmale jedoch stärker ins Gewicht fallen. Bei den Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren werden 5,2% mehr Hospitalisierungen verzeichnet, während es bei den Personen ab 65 Jahren 2,7% mehr sind. In Bezug auf die Art der Diagnose erweisen sich die Ergebnisse bei der tieferen Anzahl Spitaleintritte aufgrund von Verletzungen durch äussere Ursachen signifikant.
In Grafik sind als Beispiel die Ergebnisse der Schätzung des Modells alle Hospitalisierungen zusammengenommen für die Umstellung auf die Sommerzeit dargestellt. Die durchgezogenen Linien stellen die geschätzten Werte dar: links vom roten vertikalen Balken stehen die Schätzungen für den Zeitraum vor der Zeitumstellung, während die Punkte rechts den Prognosen für den Zeitraum nach der Umstellung entsprechen. Der graue Bereich weist das Vertrauensintervall von 95% aus.
Aus der Grafik geht hervor, dass sich die Vertrauensintervalle der beiden Punkte, die direkt vor und nach dem Datum der Umstellung liegen, nicht überschneiden. Das bedeutet, dass die Zeitumstellung eine statistisch signifikante Veränderung gegenüber dem kontrafaktischen Szenario, bei dem die Zeit nicht umgestellt würde, bewirkt. Der Einfluss von 6,5% entspricht der beobachteten Differenz zwischen den beiden Punkten.
Abschliessend lässt sich feststellen, dass die Spitäler mit einer leichten Verschiebung der Notfallaufnahmen an den Sonntagen der Zeitumstellung rechnen müssen: Im Herbst tritt der Spitzenwert früher ein als üblich, im Frühling später. Die Ergebnisse der ökonometrischen Analyse zeigen unabhängig von der Art der Zeitumstellung einen positiven Einfluss (Erhöhung der Fallzahlen), obwohl dieser nicht symmetrisch ausfällt (6,5% bei der Umstellung auf die Sommerzeit und 3,5% bei der Umstellung auf die Winterzeit).
Die demografischen Merkmale der Patientinnen und Patienten können das Ausmass der Variation beeinflussen. Die beobachteten Abweichungen sind quantitativ sicherlich nicht so gross, dass die Spitäler besondere Massnahmen ergreifen müssten. Dennoch ist die Tatsache, dass die Zeitumstellung eine signifikante Veränderung der Anzahl Notfallhospitalisierungen bewirkt, ein klares Zeichen dafür, dass der menschliche Organismus darauf reagiert.
Quelle: BFS, Autoren: Tania Andreani und Stefano Puddu
