Jeden Winter kommt es zu rund 22 000 Notfallhospitalisierungen infolge von sturz- oder unfallbedingten Verletzungen. Das sind 9% mehr als im Rest des Jahres. In den touristischen Berggebieten, wie in Graubünden oder im Wallis, sind die Fallzahlen sogar doppelt so hoch wie im restlichen Jahr. Mit einem Viertel aller Fälle sind Kopfverletzungen am häufigsten, doch Knie- und Schulterverletzungen nehmen in den Wintermonaten am stärksten zu.
Während der Wintermonate steigt das Risiko für Stürze, witterungsbedingte Verkehrsunfälle und Wintersportunfälle. Die daraus resultierenden Verletzungen machen manchmal eine Hospitalisierung der verunfallten Person erforderlich. Im Winter sind die Notfallstationen der Schweizer Spitäler besonders ausgelastet, vor allem in Berggebieten mit hohem Tourismusaufkommen. In der vorliegenden Analyse werden die Auswirkungen winterlicher Verletzungen auf den Spitalbetrieb in den Jahren 2022 bis 2024 untersucht.
Während des Betrachtungszeitraums wurden jährlich mehr als 85 000 Personen aufgrund von durch äussere Umstände wie Unfälle verursachten Verletzungen (Frakturen, Wunden usw.) notfallmässig hospitalisiert. Am häufigsten treten Hospitalisierungen mit dieser Diagnose im Winter auf: Zu dieser Jahreszeit werden durchschnittlich 256 Patientinnen und Patienten pro Tag aufgenommen, das sind 13% mehr als im Herbst (227 Fälle pro Tag).
Im Frühling werden 231 und im Sommer 249 Fälle pro Tag verzeichnet. Damit sind die Verletzungen, die sich in den drei Wintermonaten (Dezember, Januar, Februar) ereignen, für 26% der jährlichen verletzungsbedingten Hospitalisierungen verantwortlich. Auf nationaler Ebene sind die saisonalen Schwankungen relativ gering, doch in einigen Kantonen sind die Hospitalisierungen ungleichmässig über das Jahr hinweg verteilt.
In den Bergkantonen steigen die Fälle zwischen November und Februar um bis zu 300%
In Graubünden entfallen 43% der jährlichen Verletzungen auf die Wintermonate, d. h. die täglichen verletzungsbedingten Hospitalisierungzahlen sind im Winter im Vergleich zum restlichen Jahr mehr als doppelt so hoch (2,3-mal höher). Hinzu kommt, dass ein Drittel der Patientinnen und Patienten am Wochenende notfallmässig hospitalisiert wird. Im Februar, wenn die Spitäler besonders ausgelastet sind, werden in Graubünden durchschnittlich 35 Notfalleintritte pro Tag verzeichnet – so viele wie in den Kantonen Zürich oder Bern. Da die Bevölkerung Graubündens fünf- bzw. achtmal kleiner als die der genannten Kantone ist, lässt sich dieses aussergewöhnlich hohe Aufkommen an Notfällen hauptsächlich auf den Tourismus zurückführen.
Auch in anderen Kantonen treten Verletzungen vermehrt in den Wintermonaten auf, namentlich im Wallis (35% aller jährlichen Verletzungen) sowie in Obwalden (32%), Uri (30%) und Nidwalden (29%). Die in den erwähnten Kantonen ansässigen Spitäler sind zwischen November und Februar mit der schweizweit stärksten Zunahme der verletzungsbedingten Hospitalisierungen konfrontiert (Graubünden: +319%; Wallis: +163%; Nidwalden und Obwalden: je +81%; Uri: 61%; Bern: +30%). In sechzehn Kantonen kommt es im Winter zu verhältnismässig weniger Verletzungen als im Rest des Jahres.
Mehrheit der Patientinnen und Patienten in Graubünden und im Wallis aus anderen Kantonen oder Ländern
Die vielen Besucherinnen und Besucher führen dazu, dass die Notfallstationen in den Berggebieten im Winter stärker ausgelastet sind. Lediglich 30% der Patientinnen und Patienten, die im Winter in Graubünden hospitalisiert werden, leben im Kanton; die Mehrheit kommt aus anderen Kantonen (49%) oder dem Ausland (21%). In Walliser Spitälern ist eine ähnliche Situation zu beobachten: In den Wintermonaten kommen 46% der Patientinnen und Patienten aus dem Wallis, gegenüber 70% im Rest des Jahres. In den städtischen und Flachlandkantonen (GE, BS, AG, ZH usw.) variiert das Verhältnis zwischen Patientinnen und Patienten aus dem Kanton und solchen, die von ausserhalb kommen, je nach Jahreszeit nur wenig.
Von allen Kantonen nimmt die Bevölkerung Graubündens am häufigsten medizinische Versorgungsangebote aufgrund von winterlichen Verletzungen in Anspruch (8,1 Hospitalisierungen pro 1000 Einwohner/-innen), gefolgt von der jurassischen Bevölkerung (6,5). Diese beiden Kantone verzeichnen allerdings das ganze Jahr über die schweizweit höchsten verletzungsbedingten Hospitalisierungsraten. Die hohen Werte lassen sich wahrscheinlich auch durch Unfälle erklären, die sich jahreszeitenunabhängig ereignen, beispielsweise Berufsunfälle im Primär- und Sekundärsektor, die besonders im Jura wirtschaftlich wichtig sind. Mit Ausnahme des Juras registrieren die lateinischen Kantone die schweizweit niedrigsten Hospitalisierungsraten im Zusammenhang mit winterlichen Verletzungen.
Knieverletzungen nehmen im Winter deutlich zu
Bei einem Viertel aller winterlichen Verletzungen handelt es sich um Kopfverletzungen, 19% betreffen Hüfte oder Oberschenkel, 14% das Knie und 10% Abdomen, Lendenwirbelsäule oder Becken. Im Vergleich zum Rest des Jahres nehmen im Winter insbesondere Knie-, Schulter- und Arm- sowie Hüft- und Oberschenkelverletzungen zu. In Graubünden und im Wallis steigt die Zahl der Knieverletzungen zwischen November und Februar um 483% von 1,8 auf 10,5 Fälle pro Tag. Bei den Schulter- und Armverletzungen ist eine Zunahme von 467% zu beobachten, bei den Ellbogen- und Unterarmverletzungen beträgt diese 362%. Diese Verletzungsarten sind laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung typisch für Wintersportarten. In den städtischen Kantonen verändert sich zwischen November und Februar die Häufigkeit bei keiner Verletzungsart um mehr als 13%.
Frauen sind im Winter häufiger als Männer von bestimmten Verletzungsarten betroffen. So treten 63% der Hüft- oder Oberschenkelverletzungen, z. B. Oberschenkelfrakturen, sowie 55% der Knieverletzungen bei Frauen auf. Kopfverletzungen – mehr als die Hälfte davon sind Gehirnerschütterungen – betreffen zu 45% Frauen, bei Thoraxverletzungen sind es lediglich 43%.
Patientinnen sind im Durchschnitt deutlich älter als Patienten
Die grossen geschlechterspezifischen Differenzen beim Durchschnittsalter weisen darauf hin, dass sich die Unfälle, die den Verletzungen zugrunde liegen, in unterschiedlichen Kontexten ereignen. Unabhängig von der Verletzungsart liegt das Durchschnittsalter der im Winter behandelten Patientinnen über jenem der Patienten. Besonders gross ist der Unterschied bei den Verletzungen an Ellbogen und Unterarm: Frauen mit einer entsprechenden Verletzung sind im Durchschnitt 59 Jahre und Männer lediglich 37 Jahre alt.
Bei den Verletzungen der unteren Gliedmassen zeigt sich ein etwas ausgeglicheneres Bild: Patientinnen sind durchschnittlich zehn Jahre älter als Patienten mit der gleichen Verletzungsart. Bei Hüft- und Oberschenkelverletzungen sind Frauen im Durchschnitt 79 Jahre und bei Knieverletzungen 56 Jahre alt. Kopfverletzungen betreffen Personen verschiedenster Altersgruppen: Ein Viertel der Fälle entfallen auf Kinder unter 16 Jahren und ein weiteres Viertel auf Personen über 79 Jahren. Das Durchschnittsalter beträgt 49 Jahre.
Betrachtet man alle verletzungsbedingten Hospitalisierungen im Wallis und in Graubünden, so sinkt das Durchschnittsalter bei den Männern um acht auf 44 Jahre und bei den Frauen um zwölf auf 52 Jahre.
Bei 72% der Verletzungen der unteren Gliedmassen (Knie, Hüfte und Oberschenkel) ist ein chirurgischer Eingriff von durchschnittlich zweieinhalb Stunden erforderlich. Auch 69% der Personen mit Verletzungen an Ellbogen oder Schulter müssen operiert werden, wobei der Eingriff durchschnittlich zwei Stunden dauert. Zur Behandlung einer Knieverletzung bleiben die Patientinnen und Patienten durchschnittlich sieben Tage im Spital, etwas weniger als bei Hüft- oder Oberschenkelverletzungen (neun Tage), von denen insbesondere ältere Menschen betroffen sind.
Bei Kopfverletzungen beträgt der durchschnittliche Spitalaufenthalt drei Tage und in der Hälfte der Fälle werden die Patientinnen und Patienten nach nur einem Tag wieder entlassen. Insgesamt beläuft sich die Anzahl der verletzungsbedingten Hospitalisierungstage im Winter auf rund 122 000.
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Spitalstatistiken zu Patienten und Hospitalisierungen




